Meldungen aus dem Landesverband Baden-Württemberg
Meldungen aus dem Landesverband Baden-Württemberg

Von Vaterfigur und Zeitenwende

Podiumsdiskussion anlässlich des Kriegsendes vor 80 Jahren

von links nach rechts: Dr. Stefan Hofmann, Prof. Dr. Gerlinde Groitl, Brigadegeneral a. D. Helmut Dotzler, Dominik Tomenendal Bild Volksbund

Am 28. April 1945 war für Heidenheim und am 24. April 1945 für Herbrechtingen mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen der Zweite Weltkrieg zu Ende. Daran erinnert wurde bei einem Podiumsdiskussion im Karl-Saal des Kloster Herbrechtingen. Dorthin hatte der Landesverband Baden-Württemberg des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge eingeladen. Der Landesvorsitzende Guido Wolf MdL, erinnerte bei der Gelegenheit an die 179 Herbrechtinger, die im letzten Krieg ihr Leben verloren haben.

Der Volksbund, den es seit mehr als hundert Jahren gibt, betreut über 800 deutsche Soldaten-Friedhöfe im Ausland und 2,9 Millionen Gräber. Noch heute würden immer noch gefallene Soldaten dort eingebettet, deren Überreste im Osten Europas exhumiert wurden. Auch konnten ungezählte Gefallene identifiziert, Vermisstenschicksale geklärt, die Angehörigen darüber in Kenntnis gesetzt werden.

Vor 50 Zuhörern ging es bei der Podiumsdiskussion um das Thema: 80 Jahre nach Kriegsende eine neue Zeitenwende in Europa? Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs und der Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump wurden die Verhältnisse zwischen Deutschland und Europa zu Amerika mit dem von Teenagern und ihren Ernährern verglichen. Es sei an der Zeit, sich nicht länger hinter den Eltern zu verstecken und diesen auf der Tasche zu liegen. Will heißen: mehr Eigenständigkeit – vor allem auch in der militärischen Ausrüstung wie in der Verteidigungsfähigkeit.

Seitens der mitveranstaltenden Konrad-Adenauer-Stiftung sprach Dr. Stefan Hofmann den Wunsch aus, dass es in Europa nie wieder neue Kriegsgräber geben möge. Er beklagte aber auch, dass zwischen Europa und Amerika das Vertrauen abschmelze und man sich echt Sorgen mache.

Da am selben Tage in Berlin ein neuer Bundeskanzler gewählt wurde, war der CDU-Außen- und Militärpolitiker Roderich Kiesewetter unabkömmlich. Für ihn sprang der frühere Brigadegeneral Helmut Dotzler ein, der vor seiner Pensionierung Kommandeur des Landeskommandos Bayern war und vor vielen Jahren mit Kiesewetter bei Shape (Nato) gedient hatte. 

Dr. Stefan Hofmann von der Konrad-Adenauer-Stiftung und Dominik Tomenendal leiteten die Diskussionsrunde, zu der die Regensburger Wissenschaftlerin Prof. Dr. Gerlinde Groitl  gehörte. Ihr Eindruck im Blick auf das Kriegsende: „Für Deutschland war es eine Niederlage und schließlich doch eine Befreiung…“ Ohne Amerika wären Deutschland und Europa heute nicht das, was sie sind. Das sollte man aber nicht weiter als Selbstverständlichkeit erwarten. Deshalb müsste das eigene Land, vor allem auch Europa, verteidigungsfähiger werden, „damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“ Europa müsse eigenständiger werden und entsprechende finanzielle Anstrengungen beginnen.

Helmut Dotzler verlangte trotz aller Irritationen durch Präsident Trump „die atlantische Brücke zu halten und die locker gewordenen Steine wieder hineinzudrücken“. Wichtig werde die Erziehung der jungen Leute zu Wachsamkeit und Wehrhaftigkeit in der Demokratie.

Auf die Frage von Stefan Hofmann, ob den Deutschen mit den Jahren die Vaterfigur abhandengekommen sei, stimmten die Podiumsteilnehmer zu. Man habe zu sehr auf den Schutz der Amerikaner vertraut, die wiederum mehr Eigenständigkeit von Deutschen und Europäern verlangen. Als Führungsnationen seien hier Frankreich, Polen und Deutschland gefordert. Der in seinem Handeln blockierte UN-Sicherheitsrat sei längst kein Garant mehr für den Weltfrieden.

Im Anschluss ergaben sich bei einem Umtrunk noch zahlreiche Gespräche. Alle einte ein Gedanke: Gemeinsam für den Frieden!